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Filmprogramm und Diskussion Diagonale 2004
KINOKI goes DIAGONALE:
  Filme, die wir nicht sehen koennen

Filmprogramm und Diskussion Diagonale 2004
Auseinandersetzung
Programm
Diskussion

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Auseinandersetzung


Donnerstag, 4. März

Diese DIAGONALE hat einen besonderen Stellenwert, weil sie vielleicht zum ersten Mal gezwungen ist, sich klar als politisches Ereignis zu deklarieren. Wird das Festival selbst politisch bedeutsam, heiszt das
nicht unbedingt, dass auch eine Politisierung des Films stattfindet. Wir wollen die Gelegenheit nuetzen, um die Spiegelung der politischen Realitaet in der oesterreichischen Film- und Medienlandschaft zu
diskutieren. Das Programm zeigt oesterreichische und europaeische Produktionen, die meist unsichtbar bleiben.
In Oesterreich lebt eine grosze Anzahl von KuenstlerInnen, FilmemacherInnen, ZuseherInnen, die noch nie Zugang zu dem Feld hatten, welches sich nun gegen die Vereinnahmung durch die schwarz-blaue Regierung zur Wehr setzt. Sie sind dementsprechend auch nicht in der Lage, sich den Forderungen der DIAGONALE und der oesterreichischen
Filmszene anzuschlieszen, obwohl sie selbst ein vitales Interesse an Filmproduktionen haben, die einen Gegenentwurf zu den hegemonialen Bildern darstellen koennten. Massenmedien begleiten hierzulande immer
wieder die herrschende Politik mit rassistischen Kampagnen und gezielter Fehlinformation. Alternative Medien und Filmproduktionen koennen denen eine Stimme geben, die aus dem Blickwinkel der dominanten
Oeffentlichkeit verschwinden sollen.

Warum entstehen in Oesterreich aber kaum Filme, die die Realitaet von rassistisch Diskriminierten, Nicht-MehrheitsoesterreicherInnen, Fluechtlingen und Asylsuchenden repraesentieren, und kaum Filme, die
von rassistisch Diskriminierten gemacht worden sind? Nach der <Wende> in Oesterreich wurde trotz <Die Kunst der Stunde ist Widerstand> bis heute kein einziger Film ueber die <Operation Spring> gemacht. Ein
einziger Kurzspielfilm – <Der Andere> von Davis O. Nejo und Said Manafi – reagierte filmisch auf den Totschlag am Asylwerber Marcus Omofuma. Der Film wurde von der DIAGONALE abgelehnt. Filme, die Ausdruck der Selbstermaechtigung oder Zeichen des Protests sind, werden gern mit aesthetischen Begruendungen abgewertet. Doch vielleicht gibt es eine filmische Aesthetik, die aus der gesellschaftlich privilegierten Position der Mehrheit nicht gesehen werden kann.

Film ist ein teures und tendenziell undemokratisches Medium. Dabei geht es um eine ganz basale Funktion von Film: visuelle Selbstbestimmung, ja Selbstverteidigung und Artikulation der Kaempfe um soziale und
demokratische Rechte. Filme koennen <die Anordnungen des Wunsches veraendern, die Stereotypen durchbrechen, die Zukunft eroeffnen> (Félix Guattari).
Warum gibt es oder warum sehen wir so wenige dieser Filme?

Peter Grabher (kinoki) und Anna Kowalska in Zusammenarbeit mit Hirut Kiesel und Karim Duarte (wmi – World Media Insights)

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Filme, die wir nicht sehen koennen

Filmprogramm

Donnerstag, 4. März
13:30 – 15:45 Schubert 2

Nous, sans papiers de France…
Kollektivfilm, F 1997, 3 min., DV
Madjiguène Cissé artikuliert die Forderungen der franzoesischen Sans Papiers. Ueber 200 Filmschaffende erklaerten sich in diesem von Nicolas Philibert initiierten Kurzfilm 1997 beim Festival in Cannes mit deren
Forderungen solidarisch.

Der Andere
Davis O. Nejo, Said Manafi, A 1999, 11 min., DV
Der kurze Spielfilm visualisiert in minimalistischer Form die letzten Stunden Marcus Omofumas, seine Angst und Verzweiflung. Es ist der bisher einzige Film, der sich mit dem Tod Omofumas am 1. Mai 1999
beschaeftigt.<Best Film by a Black Filmmaker> und <Best Film on matters relating to
the Black Experience> beim XV. Black International Cinema Festival, Berlin 1999.

Polizeiaktion im Fluechtlingsheim Zwickau
AnonymeR FilmemacherIn; Umbruch / Filmarchiv, D 2000, 4 min., DV
26. September 2000, 23 Uhr. Unangekuendigt kommt die Polizei mit elf Einsatzfahrzeugen, um zwei libysche Familien zur Abschiebung abzuholen. Ein Fluechtling behaelt die Nerven und filmt in der Situation.
Erstmalig wird es dadurch moeglich, aus Sicht der unmittelbar Betroffenen dieses Ereignis zu dokumentieren. Jedes Jahr werden etwa 40.000 Fluechtlinge aus Deutschland abgeschoben.
http://www.umbruch-bildarchiv.de/

Asylum is human right
Kollektivfilm; Umbruch / Filmarchiv, D 2001, 11 min., DV
Das Video gibt konkrete Informationen ueber die Situation von Asylsuchenden in Deutschland und ihren selbstorganisierten Kampf um demokratische Rechte. Es wurde im Rahmen eines Video-Workshops von
VideoaktivistInnen von Paper Tiger TV und anderen Gruppen zusammen mit Fluechtlingen und MigrantInnen aus Togo, Kamerun, Zimbabwe, Polen und aus der Ukraine produziert.

Umbruch / Bildarchiv Berlin sammelt und streamt Dokumentationen von Aktionen, Demonstrationen, aber auch Dokumente der Gewalt gegen die AsylbewerberInnen in Deutschland. http://www.umbruch-bildarchiv.de/

Zinnergasse 29A
Jawid Azizi; dezentrale medien, A 2003, 9 Min., DVD
In der Zinnergasse 29A, am Rande von Wien, befindet sich ein großes Wohnheim fuer Fluechtlinge. Jawid lebt seit einiger Zeit dort. Er spricht mit BewohnerInnen ueber die Erfahrung, als Flüchtling zu leben.
Die Gruppe dezentrale medien (Eva Dertschei, Petja Dimitrova, Borjana Ventzislavova, Carlos Toledo) arbeitet seit 2000 an partizipativen Projekten mit Jugendlichen in Wien, in denen sie ueber die Aneignung der Medien Video und Internet verschiedene Lebensentwuerfe und

Standpunkte thematisieren. http://www.dezentrale.net/

Normalitaet #5 & #8
Hito Steyerl, D/A 2000, 12 min., DV
<Normalitaet definiert sich für Hito Steyerl ueber die Randzonen, nicht ueber das Kerngebiet. Die permanente Ausweitung des normalen Territoriums, das stete Einverleiben eines neuen, wenn auch nur schmalen Streifens frueherer Abnormitaet zeigen die gefaehrliche Elastizitaet des Normalitaetsbegriffes; normal ist, was nicht mehr
aufzuregen vermag, und der Assimilationsprozess des Menschen an neue Normalitaeten funktioniert in der Regel rasch, unreflektiert und gruendlich.> (G. Schnedlitz)

Weiszes Ghetto
Kanak TV, D 2002, 8 min., DV
<Kanak TV ist die Umkehrung des rassistischen Blicks. Aber wir wollen nicht nur den rassistischen Blick und die festgelegten Bilder im Kopf zu Tage bringen. Unser Fokus richtet sich auch darauf, wie Bilder gemacht, manipuliert und eingesetzt werden. Kanak TV entlarvt den medialen Blick als Macht, indem es sich dieses Macht-Blickes bedient. So soll das Machtverhaeltnis in Frage gestellt, zurueckgewiesen und ihm
entgegengewirkt werden.> (Kanak TV)
http://www.kanak-tv.de/

Philharmonie Koeln – 40 Jahre Einwanderung
Kanak TV, D 2001, 9 min., DV
<Koeln, 6.11.2001. An diesem Tag feierte die Stadt Koeln den 40. Jahrestag der Unterzeichnung des ersten Anwerbeabkommens mit der Tuerkei. Entsprechend tauchte auch viel Prominenz zum Festakt in der
Philharmonie auf. Sogar der Buergermeister war da. Wir haben natuerlich zu diesem Anlass nur die weißen Exoten mit der Kamera verfolgt.> (Kanak TV)
http://www.kanak-tv.de/

afro deutsch
Ayassi, Tyron Ricketts; D 2001, 11 min., DV
Der in Oesterreich aufgewachsene Schauspieler und Musiker Tyron Ricketts rappt ueber seine Erfahrungen mit Rassismus. <afro deutsch>, der in deutschen Kinos als Vorfilm gezeigt wurde, will ermutigen, nicht still zu halten und zu schweigen, wenn Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden.
http://www.afro-deutsch.de/

§taatsbürgerschaft?
Petja Dimitrova, Wien 2003, 8 min., DVD
Petja Dimitrova lebt und studiert in Wien. Ihr Diplomabschluss an der Kunstuni soll ihr, gemeinsam mit Empfehlungsschreiben etablierter Persoenlichkeiten aus der Kunstbranche ermoeglichen, die
Staatsbuergerschaft im <beschleunigten Verfahren>, also vor Ablauf der Mindestwartezeit von zehn Jahren, zu erhalten. Wird sie es schaffen? Und wozu ist das eigentlich notwendig?
Das Video dokumentiert das behoerdlich geforderte Sammeln von Nachweisen, dass sie der neuen Nationalität wuerdig ist und ist gleichzeitig die Abschlussarbeit fuer das begehrte Diplom.

Frontera Sur
Helena Maleno, Alex Muñoz, Victor Rins; 2003, 13 min., DVD
Einblicke in das Leben an der suedwestlichen Auszengrenze Europas: In riesigen Gemueseplantagen arbeiten viele <illegale> ArbeiterInnen aus Nordafrika. 2000 kam es in El Ejido zu schweren rassistischen
Ausschreitungen.
Der Film entstand im Rahmen des Projekts Frontera Sur RRVT. http://www.geobodies.org/fronterasur/

Estrecho Adventure
Valeriano Lopez Dominguez; 1996, 6 min., DVD
Abdul traeumt vom Leben in Europa. Vorerst beschaeftigt er sich mit <Estrecho Adventure>, einem Videospiel, bei dem eine Unzahl von Hindernissen ueberwunden werden muss, um schlieszlich nach Europa
zu gelangen…
http://www.geobodies.org/fronterasur/

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Filme, die wir nicht sehen koennen

Diskussion

Donnerstag, 4. März 16:00 – 17:30
Schubert 3

Karim Duarte (Journalist, wmi – World Media Insights)
Davis O. Nejo (Kuenstler, Schauspieler, Co-Kurator der Biennale von Dakar)
Lisl Ponger (Bildende Kuenstlerin, Filmemacherin)
Jo Schmeiser (Kuenstlerin, Filmemacherin; Klub Zwei)
N.N.

Moderation: Anna Kowalska (Kuenstlerin)

Dank an Ljubomir Bratic, Araba E. Johnston-Arthur, Lisl Ponger, Jo
Schmeiser und Sidy Wane.

Link:
http://www.diagonale.at

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